
20 Jan Der Traum vom „babeltiger“
Die Geschichte vom „Babeltiger“, ein Phantasiewesen, das dieser Website ihren Namen gab:
Vor vielen Jahren hatte ich einen Traum. Darin war ich ein unbedarftes Tigerjunges. Mit raubtierhafter Geschmeidigkeit und Kraft bewegte ich mich frei und leicht durch hohes hohen Steppengras und die Urwälder des Dschungels. Ich fühlte mich dabei unbesiegbar und die Welt schien keinerlei Begrenzungen für mich zu haben.
An meiner Seite war ein mächtiger alter Tiger, der zu mir sprach: „Höre. Du sollst einmal Herrscher über Babel sein. Doch zuvor werde ich dich unterrichten, denn du hast noch sehr viel zu lernen! Wir werden damit beginnen Elefanten zu jagen. Diese Aufgabe erfordert Ausdauer, deine ganze Aufmerksamkeit und große Geschicklichkeit.“
Mir war es Recht, denn so würde ich unter Beweis stellen können, wozu ich in der Lage war. Schließlich war ich überzeugt davon mit jedem Gegner leicht fertig zu werden. Wir pirschten eine Zeit lang durch den Dschungel bis wir an einen Waldrand gelangten. Vor uns öffnete sich eine weite Flussebene, in der eine große Elefantenherde weidete.
Der alte Tiger seufzte: „So schnell? Dir fallen die Dinge wohl einfach so zu. Doch wie sollst du denn ohne Hindernisse lernen?“
Noch als er zu mir sprach, war ich bereits ungeduldig aus meiner Deckung gesprungen. Ich jagte auf die Elefantenherde zu, auf der Suche nach meiner Beute. Schnell machte ich einen jungen Bullen aus, den ich angreifen wollte. Mir lag nichts daran ihn zu töten, im Grunde wollte ich nur mit meinen Fähigkeiten beeindrucken. Noch bevor ihm die älteren Tiere zu Hilfe kommen konnten, sprang ich das überraschte Tier an, rang es zu Boden und setzte ihm meine Reißzähne an die Kehle. Der Elefant erstarrte augenblicklich und ergab sich in sein Schicksal. Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, ließ ich von ihm ab und kehrte triumphierend zu dem alten Tiger zurück, der mich vom Waldrand aus beobachtet hatte.
Er lehrte mich: „In deinem Stolz wähnst du dich als Sieger, weil du den Elefanten überwältigen und kontrollieren konntest. Doch ein so großes und weises Tier hat man besser zum Freund.“
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Dieser lebhafte Traum war sehr eindrücklich für mich. Was könnte es bedeuten „Herrscher über Babel“ zu sein und Elefanten auf eine Weise zu jagen, ohne dass es dabei Gewinner und Verlierer geben würde?
Ich erinnerte mich an die Geschichte des Turms zu Babel: Die Menschen wollten ihn bauen, um Gott gleichzukommen. Dieser brachte daraufhin die babylonische Sprachverwirrung über sie und ihre Zusammenarbeit und das gesamte Projekt scheiterten.
Ich deutete die Geschichte so, dass es letztlich das Stimmengewirr in den Köpfen der Menschen war, das ein tieferes Verständnis für sie selbst und somit auch ihre Verständigung verhinderte. Babel ist für mich kein Ort auf der Landkarte, sondern steht für unseren unachtsamen, unfreien und unverbundenen Geist und den Konflikt, den wir damit in der Welt verursachen. In meinem Traum kreiste ich als rastloser, selbstherrlicher Tiger nur um mich. So blieb mir die weise Unterstützung durch den alten Tiger verborgen. Und ich bekämpfte den Elefanten, der so anders war als ich, anstatt Verständigung und Freundschaft mit ihm zu suchen.
Im Yoga gibt es die jahrtausendealte Tradition des rājayoga, des „königlichen Yoga“. Er steht für die Vorstellung, dass derjenige, der es vermag die rastlosen Bewegungen seines Geistes ruhig werden zu lassen und in friedvoller Stille zu verweilen, ein wahrer König sei. Davon inspiriert verstehe ich unter dem ‚König von Babel‘ keinen Herrscher über einen Ort oder über andere, sondern jemanden, der durch tiefe Selbsterkenntnis Einsicht in unser Verbundensein erlangt.
Und der Tiger schließlich, der ja König von Babel werden sollte, mit einem Wort – der „Babeltiger“, ist für mich ein lernendes, wachsendes Wesen auf dem Weg dorthin. Durch Selbstverantwortung und weise Führung, lernt es das innere Stimmengewirr zu überwinden. Aus einem Zustand der Selbsterkenntnis, inneren Freiheit und zugleich Verbundenheit heraus kann es in der Welt wirken, sich gewaltfrei mit anderen verständigen und mit ihnen friedvoll zusammenleben.
Ich finde das eine wunderbare Inspiration für mein Leben und das was ich darin hervorbringen möchte. Der Name dieser Website und des Blogs erinnert mich daran…